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Textfassung

Dezember 22, 2008

„Theatergruppe am Goethe“


Jasonmaterial


Eigenproduktion nach Motiven der Argonautensage

Textfassung

Programmhefttext ….. TEXTFRAGMENTE:

Jasonmaterial erzählt von der Suche der Argonauten nach dem goldenen Vlies. Alle Männer,, seien es „Barbaren“ oder „Hellenen“ werden zum Opfer ihrer Gier nach dem Vlies: Phryxos und Jason ebenso wie Absyrtus und Pelias und Kreon.

Medea geht als Büßerin nach Delphi, um das goldene Vlies an den Ort seiner Herkunft zurückzubringen. ..

Das goldene Vlies ist eine fragile Chiffre, die von dem Begehren innewohnenden Gewalt affiziert und zersetzt wird. / ein McGaffin, ein Katalysator …

Mit: Alina Döblitz, Martin Dübner, Rebecca Gageik, Denise Handte, Jenny Janssen, Kyara Klausmann, Frederiko Klewe, Hendrik Kung, Jan Langenhorst, Amira Laws, Janna Linz, Dejan Mikic, Julius Schauf, Linda Seidensticker, Yannic Vetter

Spielleitung: Petra Reuffer, Michael Stieleke

Mitarbeit: Ben Gageik, Christian Haack, Tim Klausmann, Marius Menschel, Nurcan Selek, Sinem Spielberg, Fabienne Zaumseil

Sprechgestaltung: Achim Raven

Maske: Hilla Lang: – u. a.

Licht- und Tontechnik: Thomas Hollkott: Markus Brinkmann, Christian Haack, Tim Klausmann, Björn Mayr, Marius Menschel, Daniel Schween

Klanggestaltung: Marius Menschel

Video und Fotos: Cecilia Gläsker

„Theatergruppe am Goethe“

Schüler und Schülerinnen der Stufen 11 – 13

Premiere: Mittwoch, 25. März 2009, 20 Uhr, Aula

Voraufführungen: 19. und 23. März 2009, 20 Uhr, Aula

70 Min. / keine Pause


Vorläufige Besetzung:

Jason                Yannic Vetter

Medea                Janna Linz

A            Amira Laws

B            Rebecca Gageik

C            Jenny Janssen

ihre Freundin            Denise Handte

Aietes                Frederico Klewe

Absyrtus            Martin Dübner

Kreon                Hendrik Kung

Glauke                Kyara Klausmann

Argonauten            alle

Personen auf der Reise /

Bürger in Kolchis        s. Szenen

Götter                Alina Döblitz, Linda Seidensticker, Jan Langenhorst, Julius                 Schauf

Anmerkungen zum Bühnenbild:

Vorne rechts und/oder links steht die „Schaltzentrale“: ein Tisch / gebaut aus vier kleineren, gleich großen Tischen. Jeder „Macher“ / Gott hat einen mit Technik besetzten Tisch. Sie machen Geräusche (z.B. Regen mit Kügelchen in einem Bambusrohr), singen, sprechen (über Mikro oder Megaphon), geben Anweisungen, spielen Stimmen aus der Stadt ein und filmen. Was sie filmen, wird direkt auf die zwei verschiebbaren Spielwände aus Lochblech projiziert: so das Modell der Argo, das auf einem Tisch steht oder in einem Wasserbecken schwimmt. Hier spielen die Götter gegen das/ihr Vergessen. Am Ende hört niemand mehr auf sie und sie verlassen ihren Platz/die Welt. Niemand sieht sie/niemand hört ihnen zu, also müssen sie sich zeigen/loben/lobpreisen. – Im Raum stehen drei weitere Mikros auf Stativ, eins hängt von der Decke.

Anmerkungen zu den Kostümen:

Alle Spieler tragen T-Shirts, auf denen ihre Leitsprüche stehen:

Jason: long live capitalism ….

Vorläufige Szenenfolge (für Waldbröl):

1.

MEDEA/JANNA schreit mehrfach / ins Mikro (?) Jason!

2.

Beerdigung Jasons, der von der zusammenstürzenden Argo erschlagen worden ist: alle in schwarz, mit schwarzen Regenschirmen, dazu Musik live (vielleicht Linda/Alina: „Du bist nicht allein“ (Roy Black) / Oh! Happy Day (Edwin Hawkins Singer) / „Fuck U (Archive) oder die Vertonung des Marie Luise Kaschnitz-Gedichtes „Argonauten“)


nicht wie Roy Black, langsamer, mit langen Pausen [Du bist nicht allein, Du bist nicht allein, Du bist nicht allein, Du bist nicht allein.] // Du bist nicht allein, wenn du träumst heute abend. / Du bist nicht allein, wenn du träumst von der Liebe. / Es finden tausend junge Herzen heut keine Ruh. / Es haben tausend Menschen Sehnsucht, genau wie Du. / Oh glaub mir, Du bist nicht allein, wenn du träumst heute abend. / Du bist nicht allein, wenn du träumst von der Liebe./ Mit meiner Sehnsucht, meinen Träumen bin ich bei Dir./ My Darling, Du bist nicht allein, komm und träume mit mir. / …

Eingetragen17.May.2001 13:05:58Letzer Aufruf15.Jun.2004 17:06:08Besucher6512

3.

Die „Götter“ betreten ihren „Arbeitsplatz“ und machen die Geräte an. Sie „machen (über die Mikros) Wind“. Dann starten sie die Musik: „Near dark“ oder „Ghost hardware“ von Burial.

LINDA über Mikro / zynisch / lieb Gewaltig ist der Antrieb der Männer, // in Erinnerung zu bleiben // und sich einen unsterblichen Namen // auf ewige Zeiten zu erwerben. (Platon: Symposion, zitiert nach Christa Wolf: Medea Stimmen)

4.

DENISE über das Mikro, das von der Decke hängt / oder an der Rampe Jason. Ich glaube nicht, dass er sich als Held gefühlt hat. Die anderen wollten einen haben. Da hat er ihn gegeben. Was blieb ihm übrig? –

AMIRA über Mikro Er wollte erfolgreich sein. Koste, was es wolle. Er gehörte zu denen, die vor dem Meer stehen und nur die Schiffe sehen, die darauf fahren, und auf den Schiffen nur die Waren, die sie geladen haben.

REBECCA Ihn zeichnete Überlebenswillen und Lebenslust aus. Sonst hätte er es auch nicht geschafft. Aber am Ende war es einfach zu viel.

JENNY „The hero is he who is immovably centred.“ Kann man ihm vertrauen? Vertrauen? Warmduscherausdruck.

5.

Alle (im gleich bleibenden Abstand) rennen in wechselnden Tempi im (Doppel)Kreis. Medea steht außerhalb.

MEDEA über Mikro) In alter Zeit überfielen / Fremde Männer mein Land und mein Volk, töteten / schlugen tot unsere Männer, taten den / unsern Weibern Gewalt an, / raubten /

unsern Reichtum ihnen / den Feinden dabei half ich / (weil ich) Die in Liebe verfallen war ihrem Führer / und verließ, dem Räuber auf beutebeladenenem Schiff / freiwillig selbst eine Beute, mein Land das zerstört war / und mein Volk, das in seinem Blut lag. Jason tritt vor.

So stand er da, in Kraft und Schönheit, ein Held, ein Gott und lockte, lockte, lockte, … sein Opfer. Dann warf er es hin und niemand hob es auf.

JASON Ich wollte das goldene Vlies; nur wenn ich es hatte, war ich unsterblich. Ein Spiel: Ich wollte Ruhm, und wer sich mir in den Weg stellte, den schlug ich tot. Wollte ich eine Frau, so holte ich sie mir.

6.

„Windgeräusche“. Die Argonauten (alle, Einteilung folgt) nehmen das lange Ruder, das quer vorne auf der Bühne liegt und in einer Dolle links außen am Bühnenrand befestigt ist. Alle rudern. Mit großer Anstrengung. Jason steht vorne am Bug der Argo. Die „Götter“ filmen die Anstrengung und projizieren auf die von ihnen verschobenen Wände und blenden Meer über.

JULIUS Was einst den Knaben Jason trieb / Der Stille zu entsagen / Für Hafenschrei und Flutgesang / Das lebt noch heut in jedem Drang / Zu wandern und zu wagen. /

JAN Und jenes glänzend schnelle Schiff / An dem sie lange bauten / Die schönen Knaben gottgeweiht / Noch rauscht’s und singt’s. Durch jene Zeit / Hin segeln Argonauten.

JULIUS Und fern das goldne Widderfell / In der Gewalt des Bösen / Noch immer gibt das Herz sich hin / Und trachtet nach dem Wunderding / Und will die Welt erlösen. („Argonauten“ von Marie-Luise Kaschnitz)

7.

ALINA über Mikro Unter meiner Anleitung baute Argos ein herrliches Schiff mit fünfzig Rudern, die Argo, ein Schiff, seetüchtig, aber so leicht, dass es die Helden auch über mehrere Tage auf ihren Schultern tragen konnten. – Als alle im Schiff Platz genommen, wurden die Anker gelichtet: die fünfzig Ruderer begannen ihren Taktschlag (schägt einer der Argonauten); ein günstiger Wind schwellte die Segel und bald hatte das Schiff den Hafen von Iolkos hinter sich. Am 2. Tag ihrer Reise erreichten sie Lemnos.

DENISE über Mikro Wenn doch das Argo-Schiff nicht hindurchgeflogen wäre / durch die düsteren Symplegaden in das Kolcherland, / und wäre doch in den Tälern des Pelion nie gefallen / die abgeschnittene Fichte, und hätte nicht berudert die Hände / der besten Männer, die das Vlies, ganz aus Gold, / für Pelias holten. Denn nicht wäre dann meine Herrin, / Medea, zu den Türmen des iolkischen Landes geflogen, / von Liebe zu Iason im Herzen verstört. / Sie hätte nicht die Peliastöchter dazu überredet, zu töten / den Vater, und bewohnte nicht dieses korinthische Land, / mit Mann und Kindern, den Bürgern gefallend, / in deren Land sie auf der Flucht gelangt / und selbst in allem Iason nützend: (Euripides: Medea, V. 1 – 13)

8.

Die Argonauten rudern.

JULIUS Was aber ist das „goldene Ding“, das Pelias, der Argonautenführer Jason, der Kolcherkönig Aietes, der korinthische Herrscher Kreon, begehrten und das den Jasoniden / Argonauten den Untergang brachte?

LINDA Was ist das, wofür Menschen ans Ende der Welt fahren und ungeheure Abenteuer auf sich nehmen?

JAN Für die einen ist das goldene Vlies ein Goldschatz, für die anderen eine Landkarte, deren Kenntnis für die bevorstehenden Eroberungs- und Kolonisationszüge mehr wert gewesen sei als alles Gold, für wieder andere bloß ein Widderfell, das der König der Kolcher Phryxos raubte und das Jasons Onkel Pelias von den Kolchern zurückverlangte.

ALINA Für manche aber ist es das Symbol menschlicher Hybris. Die Kraft, die zerstört, was sie zu gestalten wähnt.

JASON Mir war doch all die Tage der Reise ganz klar gewesen, wozu wir dieses Fell auf einmal so dringend in Jolkos benötigten, schließlich setzten wir all unsere Kräfte, ja unser Leben dafür ein, und nun, vor dieser Frau, Medea, fing ich an zu stottern, und all die hohen und zwingenden Gründe schrumpften auf die etwas klägliche Tatsache, dass meine Nachfolge auf den Thron von Jolkos an den Besitz des Vlieses geknüpft worden war. Sie, forschend, gab sich Mühe zu begreifen. Ach so, es gehe um den Herrschaftsstreit zwischen zwei Königshäusern. Ja. Nein. Nicht nur. Telamon, ungeschickt, sprang mir bei. Pelias, mein Onkel, der den Thron in Iolkos besetzt halte, habe geträumt. Wie schön für Pelias, sagte Medea, sie kann unangenehm nüchtern sein. Sie glaubte, mein Onkel Pelias wolle mich mit diesem gefährlichen Auftrag einfach außer Landes schaffen. Aber nein, nein. Jedenfalls nicht nur. Jatzt kam es darauf an, dieser Frau begreiflich zu machen, das Vlies war nicht nur ein Vorwand, sondern ein heiliger Gegenstand, auf den wir nicht verzichten konnten. Wieso, wollte sie wissen. Nun sollten wir die Aura eines heiligen Gegenstandes mit dürren Worten beschreiben. Wir zappelten uns ab, bis Telamon herausplatzte, das Vlies sei ein Symbol männlicher Fruchtbarkeit, worauf sie trocken bemerkte, dann sei es um die männliche Fruchtbarkeit in Jolkos wohl nicht zum besten bestellt. Ungern denke ich an die Beteuerungen, in die der arme Telamon sich verhedderte und die sie endlich mit einer lässigen Handbewegung abbrach. (Christa Wolf: Medea. Stimmen, S. 48f.)

9.

KYARA ich erzähl dir vom Vlies

ich erzähl dir vom Vlies / weich und langhaarig / und wo wir es verstecken / unser Reichtum und Unterpfand / puren Neid erweckend / jenseits der Grenze / ich weiß du bist auf der Suche / und ich werde dein Komplize sein //

was bindet uns an Kolchis / was hält uns lebendig / nichts als ein Widderfell / Obdach liebreich und tröstend / seine schutzgebietende Nähe / wo wir uns in der Wolle haben / auf ihm kann man fliegen / in Gedanken von Land zu Land / ohne einander loszulassen / in der Herzkammer ist es versteckt / du wirst uns entführen / mich und das Vlies ans Licht / doch wie schwer können Pelze / von Tränen sein wenn es friert ///

so hat Medea von Kolchis / Vater und Land verraten / Ihre Familie reingelegt / in die Hände der Argonauten / nachdem sie Jason traf (Helga M. Nowak)

10.

FREDERICO Eine Insel. Bewohnt nur von Frauen. Hoheitsvoll verrichten sie die einfachsten Arbeiten. Doch sie brauchen unsere Hilfe.

JASON/YANNIC: Was ist mit euren Männern geschehen?

KÖNIGIN/AMIRA Sie haben/wollten uns verlassen, für ihre Huren, und nichts haben/wollten sie uns (ge)lassen.

JENNY Wir haben sie dafür umgebracht.

REBECCA Nun waren wir die Männer. Schöne Männer, verführerische Männer.

KÖNIGIN/AMIRA: Ja, wir schlachteten sie ab wie Tiere, die Männer. Seither herrsche ich. Doch müssen wir stetig einen Angriff der rachsüchtgen Huren aus Thrakis fürchten. Die Argonauten kommen uns gelegen. Sie sollen uns helfen. – Doch einer ließ sich nicht betören von unseren Bitten.

MARTIN Ihr Elenden! Unsere Abfahrt verschiebt sich schon seit Tagen! Hattet ihr nicht genug Weiber im eigenen Land? Soll ein Gott für uns das Vlies holen?

KÖNIGIN/AMIRA Jason, du kannst hier König sein.

JASON/YANNIC Das Goldene Vlies zu holen sind wir aufgebrochen, damit ich in meiner Heimat König sein kann. Behalte dein Zepter!

11.

REBECCA Die andern alle, die mit ihm zogen / Den frevelnden Argonautenzug, / Alle haben sie, rächend, strafend, / Die vergeltenden Götter erreicht, alle fielen in Tod und Schmach; / Er nur fehlt noch – und wie lang?

12.

WIRD VON DENISE FÜR FREITAG ÜBERARBEITET / AM SAMSTAG DANN VOM RAVEN

LYSSA/FREUNDIN MEDEAS/DENISE Medea, die starke Medea. Gefürchtet und verehrt. Meine Freundin Medea. Einst waren wir so glücklich auf Kolchis. Erinnerst du dich, wie wir als Kinder spielten? Wir alle, wie du den Absyrthos jagtest und einfingst, weil er dich neckte? Wir waren lange Zeit glücklich und damals war ich dir nahe. Du warst die, deren Segen ich für meine Verlobung einholte. Nicht den der Mutter oder des Vaters, sondern den der Priesterin der Hekate. Medea. Jetzt bist du mir fremd. Auch du bist mir fremd, neben diesem fremden Land und den fremden Menschen. Bin ich nun einsam. Verlassen auch von dir, Medea, für die ich mein Kolchis verließ und die ich stützte und die mich stützte. Denn nicht nur die Heimat verließ ich. Meine Zukunft, mein Leben gab ich auf. Meine Liebe. Ich war es, die alles vorbereitete, als du mir sagtest, du willst Jason in seine Heimat folgen. Ich wollte dich nicht alleine gehen lassen. Du brauchst mich. Du hast mich schon immer gebraucht, nicht nur damals, als ich dem Absyrthos ein Bein stellte, damit er fiel und du ihn fangen konntest. Auch jetzt brauchst du mich. Du suchst nach Rat, Medea. Doch sobald man ihn dir gibt, wirst du rasend. Vor Wut, vor Eifersucht. Deine Sinne sind taub vor Mordlust. Ach, und es wird dein Unglück sein. Komm zu dir, Medea. Du vernichtest dich selbst.

13.

MUSS AUCH NOCH VOM RAVEN AM SAMSTAG BEARBEITET WERDEN.

JASON Bald kam ein neuer Sturm auf und Telamon versuchte schon wieder mich davon zu überzeugen, einen Hafen anzulaufen, aber ich sagte ihm, seine Meinung interessiere mich nicht. Wie kann man Ruhm erlangen, wenn man sich der Gefahr nicht stellt? Das haben viele nicht verstanden, die selben, die auch große Teile der Fahrt damit verbrachten, gefallene Kameraden zu betrauern. Das Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. Hier kämpft jeder für sich, und der einzige, dessen Leben hier Bedeutung hat, geben wir es doch mal zu, bin ich. Dass sie meine Begleiter sind und ohne mich nicht nach Griechenland zurückkehren dürfen, hat ihnen die Sprache verschlagen. Idioten. Meleager, der sich, um mich zu retten, in das Schwert des Dolionenkönigs warf, ist bis jetzt der einzige, der Erinnerung würdig ist… obwohl, es ist zu bezweifeln, dass man sich erinnern wird, er kommt schließlich nicht zurück. Telamon gab endlich Ruhe. Es wird Zeit, dass wir wieder auf Frauen treffen. Und Telamon furzt im Schlaf.

[ HIER MÜSSEN NOCH WEITERE ABENTEUER EINGEFÜGT WERDEN. ]

14.

Die Argonauten sitzen an den Rudern. Der Donner nimmt mehr und zu, so dass sie sich am Ende nur noch brüllend unterhalten können.

MARTIN Was ist das für ein Grollen in der Ferne?

JASON/YANNIC Die Symplegaden.

HENDRIK Schwimmende Inseln, die vom tobenden Meer immer wieder gegeneinander geworfen werden.

MARTIN Und da müssen wir durch.

JASON Ja.

FREDERICO Sie werden uns zerquetschen.

JASON/YANNIC Denk daran, was Phineus uns geraten hat!

HENDRIK Die Tauben!

JASON Ja! Ich lass sie fliegen.

REBECCA Wehe, sie wird zerquetscht von den gewaltigen Felsen.

AMIRA Nein, seht, sie ist durch – nur ein paar Schwanzfedern hat sie verloren.

FREDERICO Die Felsen treiben wieder auseinander.

JASON/YANNIC Rudert, rudert, als würdet ihr von allen Harpyien gejagt.

REBECCA Weh uns!

JASON Kommt nicht an die Felsenwände!

MARTIN Wir sind durch.

15.

Großaufnahmen von Augen und Gesichtern.

ERZÄHLERIN/MEDEA Hera, die Schutzgöttin der Griechen, hatte mir/ihr das Herz gegeben, im Hof zu bleiben, als ich/sie unerwartet dem daherschreitenden Helden begegnete.

ERZÄHLER/JASON So sah ich/er sie zuerst über den Brunnen gebeugt, Wasser mit den Händen schöpfend und es in vollen Zügen trinkend. Wie sie, sich aufrichtend, mich/ihn bemerkte, die Hände ausschüttelte und unbefangen auf mich/ihn zukam, mit raschen, kräftigen Schritten, schlank und stark, dass ich mir dachte: Die wär‘ doch was für dich. Es stimmt, dass ich für die Reize braunhäutiger, dunkelhaariger Mädchen empfänglich bin. Aber dies hier war mehr. Sie hatte mich verzaubert ,ist es mir durch die Sinne gefahren, und in der Tat, das hatte sie.

EINER VON BEIDEN/JULIUS Ihnen ungesehen schwebte hoch in der Luft Eros. Der schoss Medea den liebesschmerzgetränkten Pfeil unter die Brust, die glühende Spitze versengte ihr das Herz. Schuss und Treffer spielen.

MEDEA spricht schneller Wie im Fieber musste ich einmal über das andere hoch aufatmen; ich warf heimliche Blicke auf den herrlichen Helden, alles andere war aus meinem Gedächnisse geschwunden

ERZÄHLER/JASON Sie kann nicht zur Seite sich wenden…

Sie schauen sich in die Augen, Jason lacht.

MEDEA nach einer Pause So legte ich meinen Rang ab. Ich war zu einer gewöhnlichen Frau geworden.

JASON Ich gab mich Jason hin und band ihn dadurch an mich.

16.

HIER FEHLT EIN MONOLOG DES KÖNIGS VON KOLCHIS, IN DEM ER VOM VLIES ERZÄHLT UND WIE ES SEINS WURDE; UND SICH DAMIT ALS MACHTBESSENER ZAUBERER CHARAKTERISIERT.

17.

JASON Gib uns das goldene Vlies als ein Gastgeschenk. Du sollst in ganz Griechenland dafür verherrlicht werden.

AIETES Geht mir aus den Augen, Frevler. Nicht das Vlies zu holen, sondern mir Zepter und Krone zu entreißen seid ihr gekommen.

JASON Nein, Aietes, wir sind nicht in deine Stadt und deinen Palast gekommen, dich zu berauben. Nur das Schicksal und der Befehl eines hartherzigen Königs brachte mich zu diesem Entschluss.

SAGT ER DIE WAHRHEIT? NEIN.

AIETES Was braucht es der ängstlichen Worte, Fremdling? Seid ihr wirklich ein Sohn der Götter? Oder habt ihr einfach Lust nach fremden Gut. So mögt ihr das goldene Vlies mit euch fortnehmen. Denn tapferen Männern gönn ich alles. Aber vorher müsst ihr eine Probe geben und etwas leisten, was ich selbst auch schon geleistet habe. Wenn du das gleiche vollbracht hast, magst du das Vlies mit dir fortnehmen.

18.

JASON/YANNIC unruhig Warum schaust du so? …Die harte Notwendigkeit zwingt mich, deine Hilfe zu suchen. In ganz Griechenland wirst du Unsterblichkeit erlangen, wenn du mir hilfst…Aber wage es nicht mich zu täuschen. Du kennst mich nicht.

MEDEA/JANNA als Erzähler: Er war verwirrt, unsicher. Aber er brauchte mich

MEDEA Hier, nimm dieses Zaubermittel. Salbe dich und deine Rüstung damit. Es schützt dich vor den Flammen der Wunderstiere.

JASON als Erzähler: Sie hatte einiges auf sich genommen, nicht zuletzt die Angst entdeckt, und dann bestraft zu werden.

MEDEA Und wenn du nach Hause kommst, vergiss nicht den Namen Medeas. Gedenke nur in der Stille mein, nicht der schrecklichen Aufgabe, dir man dir hier gestellt.

JASON Glaube mir, wenn ich dem Tod entrinne, dass ich keine Stunde dein vergessen werde. Aber wenn du selbst nach Griechenland und in meine Heimat kommen würdest. Du würdest mir ganz gehören, und nichts könnte unsere Liebe trennen als der Tod.

JASON als Erzähler So sprach er/ich, und sie schmolz dahin..

MEDEA als Erzählerin … und es zog mich mit Gewalt nach Griechenland.

LINDA Ich hatte ihr das Verlangen ins Herz gegeben, Jason zu folgen, denn ich wollte, dass Medea zu Pelias Verderben nach Iolkos komme.

MEDEA Wir treffen uns bald wieder.

JASON als Erzähler Ihre Zauber wirkten auf mich. Ihre Traurigkeit, ihre Selbstaufgabe, alles um mich zu schützen.

19.

Die Argonauten und Medea sowie der König sprechen über Mikro. Währenddessen wird eine gespannte Atmosphäre durch die Götterebene geschaffen (mit Gewitter). Ebenso werden aus der Götterebene Projektionen von „Monstern“, Feuer und Gewitter gemacht. Gleichzeitig vorausgabt sich Jason vor der Projektion durch den Schwertkampf mit für uns nicht sichtbaren Kreaturen.

ARGONAUT/MARTIN Er kam, das Schwert um die Schulter gehängt, und schritt vor, herrlich wie Apollo. Im Sonnenlicht glänzte das Zauberöl auf seinem Körper.

ARGONAUT/REBECCA Plötzlich brachen zwei feuerspeiende Stiere aus einem Gewölbe hervor, er aber stand breitbeinig, den Schild vorgehalten, und erwartete ihren Anlauf wie ein Meeresfels die Fluten.

ARGONAUT/HENDRIK Sie stießen ihn mit ihren Hörnern, er bleib einfach stehen, geschützt durch die Zaubersalbe.

ARGONAUT/MARTIN Endlich packte er einen Stier bei den Hörner, rang ihn nieder und zwang ihn unter das Joch. Und auch den zweiten warf er zu Boden und zwang ihn unters Joch.

AIETES/FREDERICO Es wunderte mich, wie schnell er die Stiere bezwingen konnte. Doch die nächste Aufgabe sollte für ihn nicht so leicht zu lösen sein.

ARGONAUT/JENNY So ergriff er einen Helm, gefüllt mit Drachenzähnen, fasste seine Lanze und zwang die flammenspeienden Stiere einen Pflug zu ziehen.

ARGONAUT/REBECCA Durch die Kraft der Stiere wurde der Boden tief aufgerissen. Jason säte die Zähne in den aufgepflügten Boden.

ARGONAUT/AMIRA Als noch der dritte Teil des Tages übrig war, war das ganze Feld umgeackert und Drachenmänner keimten aus dem Boden.

ARGONAUT/HENDRIK Da gedachte Jason an Medeas Wort, er fasste einen großen runden Stein auf dem Felde, vier kräftige Männer hätten ihn nicht vom Boden heben können, und schleuderte ihn springend weithin mitten unter die bodenentsprossenen Krieger.

ARGONAUT/JENNY Selbst der König starrte voll Verwunderung dem Stein nach.

ARGONAUT/REBECCA Die Erdgeboren aber fielen wie tollwütige Hunde einander an und zerrissen sich gegenseitig die Kehlen. Als sie mitten im Gefechte begriffen waren, stürzte Jason unter sie.

ARGONAUT/HENDRIK Er hieb manche, die schon standen, nieder, mähte andere, die erst bis zu den Schultern hervorgewachsen waren, wie Gras hinweg, anderen spaltete er das Haupt. Die Furchen strömten von Blut.

ARGONAUT/MARTIN Der König aber drehte sich um, ohne ein Wort zu sprechen, und kehrte zur Stadt zurück, nur darauf sinnend auf welche Weise er wirksamer gegen Jason verfahren könnte. Ihm war klar, dass Medea ihm geholfen hatte.

20.

JULIUS
In die Segel der Argonauten blies der günstigste Wind. Windgeräusche.

JAN Und der günstigste Wind ließ nicht ab zu wehen, bis sie glücklich an die Mündung des Flusses gelangt waren.

LINDA Die Kolcher ließen aber mit ihrer Verfolgung nicht nach und kamen, schneller segelnd, noch vor den Helden an der Mündung des Flusses an.

ALINA Hier legten sie sich in den Hinterhalt und verstellten den Helden den Ausweg.

JASON/YANNIC Dein Vater war ein … . In den Tod wollte er mich schicken, dass ich das Goldene Vlies niemals bekäme. Ich habe aber seine Arbeiten erledigt. Und noch was: Medea ist freiwillig mitgekommen.

ABSYRTOS/MARTIN
Das war nicht nett von meinem Vater. Aber selbst, wenn ich euch das goldene Vlies gäbe, Medea könnte ich niemals ziehen lassen.

JASON/YANNIC Wir treffen uns bei Sonnenuntergang am Artemistempel unbewaffnet, damit nicht etwa einer von uns dem anderen was antut.

MEDEA/JANNA Jason, was habt ihr über mich beschlossen?
Meine Vermessenheit hat dir das goldene Vlies verschafft; für dich hab ich Schmach auf mich geladen, deswegen folge ich dir als dein Mädchen, als dein Weib, als deine Schwester ins griechische Land. Und darum beschirme mich auch, lass mich nicht allein hier. Ja, wenn du mich verlässt so wirst du einst, in Elend versunken, mein gedenken.

HENDRIK Bei ihrem Anblicke ward Jason scheu, das Gewissen schlug ihm: „Mir selbst ist jener Vertrag nicht Ernst. Vielmehr soll jener Vertrag nur ein Hinterhalt sein, der den Absyrtos ins Verderben stürzt; denn wenn ihr Führer tot ist, so werden den Kolchern die Nachbarn keine Hilfe mehr leisten wollen.

KYARA So sprach er schmeichelnd, und Medea gab ihm den grässlichen Rat: „Höre mich.

Ich habe einmal gesündigt und, vom Verhängnis verblendet, Übles getan. Rückwärts kann

ich nicht mehr, so muß ich vorwärts schreiten im Frevel. Ich will den Bruder betören, dass er

sich in deine Hände gibt. Alsdann – ich kann nicht widerstehen – magst du ihn töten und die

Schlacht den Kolchern liefern.“

DENISE Auf diese Weise legten die beiden dem Absyrtos einen schweren Hinterhalt.

AMIRA Jason tötete ihn.

JENNY Medea wandte ihre Augen ab und bedeckte sich mit dem Schleier, um

den Mord ihres Bruders nicht mit ansehen zu müssen.Wie ein Opfertier stürzte der

Königssohn unter den Streichen Jasons und bespritzte Gewand und Schleier der

abgekehrten Medea mit seinem Bruderblut.

HENDRIK Aber die Rachegöttin, die nichts übersieht, schaute aus ihrem Verstecke mit finsterem Auge die grässliche Tat, die hier begangen ward. (Projektion?) Und dann brüllten die kolchischen Krieger auf und sprangen über die Lichtung. Aber die Männer der Argo waren schneller. Keiner entging dem Tode.

21.

Medea und Jason gehen die Straße entlang, Kommentare der Bürger von Korinth (durcheinander. Verteilung in Waldbröl.

Wer ist das denn?

Wo kommt die denn her?

Was will die hier?

Komische Paar. Was die wohl vorhaben?

Diese Frau hat dunkle Haut, schwarze Haare. / Die ist ja ganz braun. Und Haare, schwarz wie die Nacht.

Aber wunderschön. Was für einen stolzen Gang sie hat.

Sie hat eine magische Aura.“

Endlich, frischer Wind!“

Die könnte mir auch gefallen.

Ob es ihr in Korinth gefällt?

Wie sollen wir sie begrüßen?

Spricht sie unsere Sprache?

Ob sie überhaupt was mit uns zu tun haben will?

Vielleicht hat sie hier Familie?

Wer sollte das denn sein?

Die bringt bestimmt fremde Götter mit?

Die bringt doch nur Unruhe!

Das ist eine Barbarin, wie die aussieht.

Kann sie so sein wie wir?

Die wird unseren Männern den Kopf verdrehen! Die machen ja jetzt schon Stielaugen.

Wird sie sich anpassen?

So toll ist sie auch wieder nicht!

Eine schöne Wilde! Und Hexe!

22.

MEDEA/JANNA Wo bin ich? Ist das Fest vorüber, das Kreon Jason zu Ehren gegeben hat. Hier? In Korinth, ach ja. Ich unter lauter Fremden. Wie fern mein Kolchis, wie fern von hier. Ja, Jason zu Ehren, nicht mir, der Königstochter. Jason duldete, dass man mich ans Ende der Tafel setzte. Doch ich, entschlossen, den König für die Demütigung zu strafen, legte das Benehmen einer Königstochter an den Tag. Es fiel mir nicht schwer, Aufmerksamkeit zu erregen und Respekt einzufordern. Ich bin keine junge Frau mehr, aber wild noch immer, das sagen die Korinther, für die ist eine Frau wild, wenn sie auf ihrem Kopf besteht. Die Frauen der Korinther kommen mir vor wie sorgfältig gezähmte Haustiere, sie starren mich an wie eine fremde Erscheinung. Dennoch. Ich sollte es nicht zu weit treiben. Gast bin ich, Gast in Korinth, und es könnte ein langer Besuch werden. Ich will nicht am unteren Ende der Tafel bleiben auf ewig. Ich werde mir Anerkennung verschaffen, nicht als Königstochter, das zählt hier nicht: Tochter eines Barbaren. Nicht als Jasons Frau, Beute eines Helden. Der Fremdling muss sich fügen in des Landes Art, denn blinder Trotz und blöder Stolz erbittert die Bürger nur. Ich werde ihnen zeigen, wer ich bin. Ich will mich nützlich machen – sie werden mich brauchen. Ich werde mich an die Helligkeit, die aufgesetzte Heiterkeit, die Oberflächlichkeit gewöhnen müssen, an ihre Gier nach Gold, nach Glanz.

23.

KREON/HENDRIK Es gingen Gerüchte um, die einen neugierig machen mussten. Seefahrer waren der Argo begegnet und auch jener Frau. Ich wusste nicht, was in jenen Tagen mehr Aufsehen erregte als die Abenteuer der Argonauten und worüber man sich mehr die Mäuler zerriß als über die Frau, die bald die schöne Wilde hieß. Ich habe klar gesehen, was passieren würde. Dass Jason die Eroberung des Goldenen Vließes nichts nützen werde, weil sein Onkel ihm den Thron nicht abtreten werde. Ich wusste: der Ort, nach dem Jason mitsamt seiner Frau und ihrem Anhang suchen müsste, ist Korinth. Immerhin gab es hier keinen männlichen Thronfolger, nur meine nichtsnützige Tochter. Ein junger Mann von Jasons Statur wird dem Palast von Korinth wohl anstehen. Vor wenigen Wochen segelten die Argo und die Schiffe der Kolcher, die Medea begleitet hatten, in unseren Hafen. Ich stand etwas abseits und wartete auf sie. Sie kam, von Jason geführt, mit freiem, festem Schritt den Landesteg herunter. Ich sah, wie schön sie war, und verstand Jason. Ich musste Jason daran erinnern, mich seiner Frau vorzustellen. Das verwirrte ihn entsetzlich. Medea lachte. Diese Frau ist schlau, vorlaut. Vor allem ist sie unheimlich. Doch ich habe solches Lachen lange nicht gehört. Ich weiß schon, dass wir selbst es sind, die es erstickt haben. Man muss man manches tun, was einem selbst nicht gefällt. (nach Christa Wolf: Akamas‘ Stimme)

24.

KREON Dir, Medea, sag ich: Ziehe fort als Flüchtige

Aus diesem Lande, nimme die beiden Kinder mit

Und säume nicht!

MEDEA So bin ich hoffnungslos verloren jetzt.

Weshalb, o Kreon, treibst du mich aus diesem Land?

KREON Ich fürchte, du drohest uns,

Dem Vater und der Tochter und dem Bräutigam,

Unheil. Ich will mich hüten, eh uns dieses trifft.

MEDEA Nicht heut zuerst, o Kreon, öfter hat mir schon

Mein Ruf geschadeet, ich in große Not gebracht.

Denn weil ich klug bin, feinden mich die einen an,

Den andern bin ich lässig und ur wenig klug..

Auch du befürchtest, mein ich, Böses jetzt von mir.

Mich aber, Kreon, fürchte nicht! Ich bin nicht so

Geartet, dass ich gegen Herrscher sündigte.

Mich lasset hier im Lande wohnen!

KREON Du sprichst in sanften Worten, doch bang ahnt es mir,

Du sinnst in deinem Herzen auf Verderben nur.

Des wegen trau ich minder jetzt als früher dir.

Es ist beschlossen, keine List erwirkt es dir,

Dir, meier Feindin, dass du blebst in dieser Stadt.

MEDEA Du jagst mich fort und achtest meine Bitten nicht?

KREON Bald treiben dich die Diener mit Gewalt hinaus!

MEDEA Mir folgt das Unglück überall.

(Euripides, Reclam S. 14-18)

25.

WIRD VON KYARA FÜR FREITAG ÜBERARBEITET / AM SAMSTAG DANN VOM RAVEN

GLAUKE/KYARA Sie ist schön. Auf ihre ganz eigene Art ist sie schön und abstoßend zugleich. So sind sie, die Barbaren. Schön und schrecklich. Vor allem sie ist schrecklich. Als ich sie zum ersten Mal sah, schauderte es mir bereits. Etwas Unheimliches ging von ihr aus. Da stand sie neben Jason, sein Weib, diese Wilde. Und Jason? Bittend stand er vor meinem Vater. Schutz wollte er für sich und sein Weib. Geblendet war ich von ihrer Schönheit. Helfen wollte ich ihr. Auch sie sei mal eine Königstochter gewesen. Mein Mitgefühl hat sie vor der sofortigen Verbannung geschützt. Wie dankt sie es? Sie zeigt jeden Tag aufs Neue, dass sie mir doch überlegen ist. Diese Wilde. Diese Hexe.

Auch Jason hat sie geblendet. Jason, verschwendet hast du deine Zeit und deine Liebe. Doch heute soll sich alles ändern. Du wirst König von Korinth und deine Medea, sie wird verschwinden. Ihre gespielte Überlegenheit zusammen mit all ihren barbarischen Zügen soll dieses Land nie mehr ertragen müssen. Fort geht die Zauberin heute.

Und ich werde an ihre Stelle treten. Ich als Jasons Weib. Sie, diese niederträchtige Frau, zu der du dich immer noch hingezogen fühlst, Jason. Du mein Jason. Doch diese Nacht noch werde ich dich sie vergessen lassen.

HEINER MÜLLER: … MEDEAMATERIAL …

26.

MEDEA/JANNA Jason Mein Erstes und mein Letztes (Lyssa)Wo ist mein Mann

LYSSA/DENISE Bei Kreons Tochter Frau

MEDEA/JANNA Bei Kreon sagtest du

LYSSA/DENISE Bei Kreons Tochter

MEDEA/JANNA Hast du gesagt bei Kreons Tochter Ja Warum bei Kreons Tochter nicht die Macht hat Wohl über Kreon ihren Vater Der

Uns geben kann das Wohnrecht in Korinth

Oder austreiben in ein andres Ausland

Gerade jetzt vielleicht umfaßt er Jason

Mit Bitten ihre faltenlosen Knie Für mich und seine Söhne die er liebt


Bring einen Spiegel Das ist nicht Medea

Jason

JASON/YANNIC Weib was für eine Stimme

MEDEA/JANNA Ich Bin nicht erwünscht hier

Dreimal fünf Nächte Jason hast du nicht

Verlangt nach mir

MEDEA/JANNA Bedeutet dieser Leib

Dir nichts mehr Willst du mein Blut trinken Jason

JASON/YANNIC Wann hört das auf

MEDEA/JANNA Wann hat es angefangen

Jason

JASON/YANNIC Was warst du vor mir Weib

MEDEA Medea

Du bist mir einen Bruder schuldig Jason

26.

MEDEA/AMIRA über Mikro Für dich hab ich getötet und geboren

Ich deine Hündin deine Hure ich

Ich Sprosse auf der Leiter deines Ruhms

Gesalbt mit deinem Kot Blut deiner Feinde

What did she say?

She said …

MEDEA/REBECCA über Mikro Seit ich aus Kolchis auszog meiner Heimat

Auf deiner Blutspur Blut aus meinesgleichen

In meine neue Heimat den Verrat

Blind für die Bilder für die Schreie taub

War ich bis du das Netz zerrissen hast

Gestrickt aus meiner und aus deiner Lust

Das unsre Wohnung war mein Ausland jetzt

What did she say?

She said …

MEDEA/JENNY über Mikro In seinen Maschen steh ich ausgerenkt

Die Asche deiner Küsse auf den Lippen

Zwischen den Zähnen den Sand unsrer Jahre

Auf meiner Haut nur meinen eignen Schweiß

Dein Atem ein Gestank aus fremdem Bett

What did she say?

She said …

27.


MEDEA/JANNA Bist du mein Mann bin ich noch deine Frau

Könnt ich sie aus dir beißen deine Hure

An die du mich verraten hast und meinen

Verrat der deine Lust war Dank für deinen

Verrat der mir die Augen wiedergibt


Du bist mir einen Bruder schuldig Jason

28.


MEDEA/REBECCA über Mikro Nimm Jason was du mir gegeben hast

Die Früchte des Verrats aus deinem Samen

Und stopf es deiner Hure in den Schoß

Mein Brautgeschenk für dein und ihre Hochzeit


MEDEA/JENNY über Mikro Laß mir die Kinder Jason einen Tag noch

Dann will ich gehn in meine eigne Wüste

Du bist mir einen Bruder schuldig Jason


MEDEA/JANNA Mein Brautkleid nimm als Brautgeschenk für deine

Schwer geht das Wort mir von den Lippen Braut


MEDEA/JENNY über Mikro Nun geh in deine neue Hochzeit Jason

Ich will die Braut zur Hochzeitsfackel machen

MEDEA/AMIRA über Mikro Seht eure Mutter gibt euch jetzt ein Schauspiel

Wollt Ihr sie brennen sehn die neue Braut

MEDEA/JENNY über Mikro Das Brautkleid der Barbarin ist begabt

Mit fremder Haut sich tödlich zu verbinden

Wunden und Narben geben gutes Gift

Und Feuer speit die Asche die mein Herz war

MEDEA/REBECCA über Mikro Die Braut ist jung wie Glatt spannt sich das Fell

Vom Alter nicht von keiner Brut verwüstet

Auf ihren Leib jetzt schreibe ich mein Schauspiel

MEDEA/AMIRA über Mikro Ich will euch lachen hören wenn sie schreit

MEDEA/JENNY über Mikro Vor Mitternacht wird sie in Flammen stehn

Geht meine Sonne auf über Korinth


MEDEA/REBECCA über Mikro Jetzt tritt der Bräutigam ins Brautgemach

Jetzt legt er seiner jungen Braut zu Füßen

Das Brautkleid der Barbarin das Brautgeschenk

Getränkt mit meinem Schweiß der Unterwerfung

Jetzt spreizt sie sich die Hure vor dem Spiegel

Jetzt schließt das Gold von Kolchis ihr die Poren

Pflanzt einen Wald von Messern ihr ins Fleisch

MEDEA/JENNY über Mikro Das Brautkleid der Barbarin feiert Hochzeit

Mit deiner Jason jungfräulichen Braut

Die erste Nacht ist mein Es ist die letzte

MEDEA/AMIRA über Mikro Jetzt schreit sie Habt ihr Ohren für den Schrei

So schrie als ihr in meinem Leib lagt Kolchis

Und schreit noch Habt ihr Ohren für den Schrei

Sie brennt Lacht ihr Ich will euch lachen sehn

29.


MEDEA/JANNA Heute ist Zahltag Jason


Ich bin Medea Ich

JASON/YANNIC Medea

MEDEA/JANNA Kennst du diesen Mann

DO YOU REMEMBER?

30..

MEDEA/JANNA Hab ich dich aufgesucht in deiner Heimat? / Hab ich von deinem Vater dich gelockt? / Hab ich dir Liebe auf, ja aufgedrungen? / Hab ich aus deinem Lande dich gerissen, / dich preisgegeben Fremder Hohn und Spott? / Dich aufgereizt zu Freveln und Verbrechen?

JASON/YANNIC Soll ich von mir reden?

Verhasst war mir von Anfang her dein Wesen, / Verflucht hab ich den Tag, da ich dich sah, / Und Mitleid nur hielt mich an deiner Seite. / Nun aber sag ich mich auf ewig von dir los / Und fluche dir, wie alle Welt dir flucht.

31.

MEDEA schreit JASON! kurze Stille, dann wie im Szenengrundriss: erst Leidenschaft, dann Hass; verzweifelnd/bittend Lass uns weggehen, alles vergessen!

JASON rast Alles vergessen? Wie stellst du dir das denn noch vor?schlägt nach ihr

MEDEA kühl Lass ab, du triffst mich nicht. Ich bin ein Opfer für eines anderen Hand, nicht für die deine.

JASON Du bist ein Insekt, eine Kakerlake in Mensche-…

MEDEA unterbricht ihn kühl, entfernt sich langsam von ihm Immer hast du ein Widerwort, wann wirst du zugeben, dass deine Zeit vorbei ist?

JASON…ein Insekt, eine Kakerlake in Menschengestalt, und ich hätte dich zerquetschen sollen an dem Tage, an dem ich dich kennenlernte, in deinem Scheißkaff, wo sich deine Art Ungeziefer herumtreibt.

MEDEA Du trage, was dich trifft! Denn wahrlich, unverdient trifft es dich nicht.

JASON schreit Was meinst du denn wie es mir geht, hast du mal darüber nachgedacht? Stell dir das doch mal vor! STELL DIR DAS DOCH MAL VOR!

MEDEA Erkennst das Zeichen du, um das du rangst / (hält das Vlies hoch/zerstört das Vlies/tut so, als würde sie es zerstören, um Jason zu erschrecken) Das dir ein Ruhm war und ein Glück erschien? / Was ist der Erde Glück?- Ein Schatten! / Was ist der Erde Ruhm?- Ein Traum! / Du Armer! der von Schatten du geträumt! / Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht. Sie geht und lässt Jason zurück; Jasons zorniger Urschrei (?).

29.

LINDA / ALINA This is the end, beautiful friend, / This is the end, my only friend. / The end of our elaborate plans, / The end of everything that stands, / The end, no safety no surprise, /

The end, I’ll never look into your eyes again. // Can you picture what we’ll be / So limitless and free / Desperately in need of some stranger’s hand / In a desperate land? // Lost in a Roman wilderness of pain / And all the children are insane, / All the children are insane / Waiting for the summer rain. // There’s danger on the edge of town, / Ride the King’s highway the gold mine, / Ride the highway West, baby. // Ride the snake, Ride the snake to the lake, /

the ancient lake. / The snake is long, seven miles, / Ride the snake. („The End“ by the Doors)

30.

Die Argo bricht zusammen, Bretter fallen von der Bühnendecke.

EINE KINDERSTIMME aus dem Off Lange irrte er durch das Land, doch er fand keine Spur von ihr. Eines Nachts aber, als er in einem Walde schlief, stand sie plötzlich vor ihm. Sie trug das goldene Vlies über der Schulter und blickte ihn traurig an. „Ich bin gekommen, um für immer Abschied zu nehmen!“, sagte sie. „Das Fell, um dessen Unheil soviel Unheil geschehen ist, will ich nach Delphi in den Tempel Appollons bringen und es den Göttern zurückbringen, von denen es herstammt. Wir beide aber müssen mit unserer Schuld leben!“ Dann war sie verschwunden wie ein Traumgesicht. Von da an wusste Jason, dass er sie wiedersehen würde.

ENDE